Anforderungen an ein Geoinformationssystem (GIS)
Wer Verantwortung trägt und Entscheidungen treffen muß, braucht
zuverlässige und aktuelle Informationen. Dies gilt auch im Bereich
Umweltschutz, der bedingt durch ein gestiegenes Umweltbewußtsein
strengere gesetzliche Vorgaben, vor allem aber durch die Erkenntnis des
Handlungsbedarfs, an Bedeutung gewonnen hat.
Diese Informationen müssen in graphischer Form, übersichtlich,
möglichst umfassend, wirtschaftlich und problembezogen darstellbar
sein. Diese Anforderungen sind an ein GIS zu stellen. Das Spektrum kann
dabei von einem relativ einfachen interaktiven graphischen System zur Digitalisierung
und Kartenerstellung bis hin zu mächtigen, weitgehend offenen und
erweiterbaren Systemen mit umfangreichen Analysefunktionalitäten reichen.
Basisanforderungen an ein GIS:
-
die Aufnahme von Geometrie und Topologie mit zugehörigen Informationen
(Attributen)
-
die Verwaltung und Pflege von Datenbeständen
-
die Harmonisierung von Daten unterschiedlicher Herkunft mittels Maßstabs-
und Koordinatentransformation
-
die Überlagerung bzw. das Zusammenzeichnen von Karten oder Kartenauszügen,
die logische Verknüpfung von Karteninhalten (z.B. die Verschneidung
von Strukturen, Interpolation zwischen Punkt- und Linieninformationen in
die Fläche)
-
Modelle zur Dateninterpretation, Berechnung der Ausbreitung von Lärm
oder Schadstoffen, Abbildung von Teilbereichen des Naturhaushalts und zur
deskriptiven Raumstatistik
-
die flexible Gestaltung der Darstellungen von Eingangsdaten und Ergebnissen,
insbesondere der Herstellung von thematischen Karten
-
die Unterstützung von raumbezogenen Planungen mit hoher informativer
Verflechtung.
Für ein ressortübergreifendes Umweltinformationssystem ist ein
einheitlicher Raumbezug aller Daten und Informationen von größter
Wichtigkeit. Beim Aufbau des UIS ist deshalb besonders auf ein durchgängiges
Koordinatensystem zu achten, um nicht bei der Benutzung zu viele aufwendige
Transformationen durchführen zu müssen.
Geographische Informationssysteme werden in den verschiedenen Ressorts
für unterschiedliche Umweltaufgaben eingesetzt. Weil nicht von einer
einheitlichen Hardwareausstattung der verschiedenen Ressorts ausgegangen
werden kann, ist bei der Auswahl eines solchen Systems besonders auf die
Unabhängigkeit von der Hardware zu achten. Das geographische Informationssystem
muß also auf unterschiedlichen Rechnerplattformen eingesetzt werden
können, um zum einen unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden,
und zum anderen auf bereits vorhandenen Anlagen integriert werden zu können.
Das GIS muß eine hybride Datenstruktur erhalten, d.h. eine integrierte
Vektor-, Rasterzellen- und Sachdatenverarbeitung, und in der Lage sein,
bei variabler Datenmenge ein gleichbleibendes Antwortverhalten zu gewährleisten.
Vektordaten
Die Grundelemente von Vektordaten sind der Punkt, die Linie und
die Fläche (als geschlossene Linie). Darüberhinaus werden noch
Nachbarschaftsbeziehungen angegeben, wie z.B. Anfangs- und Endpunkt einer
Linie oder Nachbarschaftsflächen.
Eigenschaften von Vektordaten:
-
Ordnung nach Objektlinien (linienhafte Betrachtungsweise), d.h. Objekte
werden aus einzelnen Linienelementen aufgebaut
-
logische Strukturierung leicht möglich
-
hohe Erfassungszeiten durch punktuelle Datenerfassung (Knotenpunkte der
Liniensegmente)
-
geringe Datenmenge im Vergleich zu Rasterdaten, dadurch kurze Rechenzeiten
Anwendung in Geoinformationssystemen finden Vektordaten in fast allen Skalenbereichen,
überwiegend jedoch im großmaßstäblichen Bereich von
1:100 bis 1:100 000.
In Abb.1 sind die charakteristischen Unterschiede zwischen Vektor- und
Rasterdaten anschaulich dargestellt. Der Aufbau einer Fläche durch
eine geschlossene Linienfolge (Vektordaten), bzw. durch zeilen- und spaltenweisen
Aufbau aus einzelnen Pixeln (Rasterdaten).
Abb1: Vektor- und Rasterdaten (nach Bill/Fritsch)
Rasterdaten
Im Gegensatz zu Vektordaten bezieht sich die Rasterdarstellung direkt
auf die Fläche, statt auf Linien (flächenhafte Betrachtungsweise).
Das geometrische Grundelement ist das Pixel (Bildelement), welches zeilen-
und spaltenweise in einer Matrix gleichförmiger quadratischer Elemente
angeordnet ist und eine einheitliche Flächenfüllung aufweist.
Eigenschaften von Rasterdaten:
-
keine logische Verbindung zwischen den einzelnen Bildelementen, nur eingeschränkte
logische Datenstrukturierung möglich
-
Ordnung nur nach Pixelposition
-
einfache Datenerfassung daher kurze Erfassungszeiten
-
hohe Datenmenge führt zu hohem Rechenaufwand
Die Rasterdaten eignen sich besser für komplexe thematische Auswertungen
als Vektordaten. Die einfache Datenbankstruktur und eine direkte geometrische
Zugriffsmöglichkeit machen sie besonders geeignet für die Auswertung
mittels Modellpaketen und Simulationsrechnungen. Auch bei der Verschneidung
mehrerer thematischer Karten kann unabhängig von der Komplexität
der Strukturen die zeilen- und spaltenweise Überlagerung der einzelnen
Bildelemente erfolgen. In der Regel erfolgt daher für komplexe thematische
Auswertungen eine Umwandlung der Daten in die Rasterform. Für die
weitere Verarbeitung und Verwaltung kann es anschließend sinnvoll
sein (geringe Datenmenge der Vektordaten), die Rasterdaten wieder in die
Vektorform zurückzuwandeln.
Sachdaten
Sachdaten (oder thematische Daten) sind z.B. Meßdaten oder
Bewegungsdaten, die in Verbindung mit Vektordaten raumbezogen dargestellt
werden. Sie repräsentieren sämtliche nicht-geometrische Elemente
wie Texte, Zahlensammlungen, Eigenschaften etc. Sie stehen in Form von
relationalen Datenbanken, Dateien, Tabellen oder Listen zur Verfügung.
Struktur des GIS
Die Grundkomponenten eines Geoinformationsystems sind:
-
Erfassung
-
Analyse/ Verarbeitung
-
Visualisierung
Je nach Datentyp (Vektor/- Raster/- Sachdaten) haben die Grundkomponenten
entsprechende Funktionen zu erfüllen.
Das Vektorsystem des geographischen Informationssystems benötigt
folgende Funktionen:
Datengewinnungsfunktionen
-
Digitalisieren
-
Aufnahme von Objekten mit ihren Attributen in verschiedenen Vektorformaten
-
Datenharmonisierung , -pflege und -korrektur
Analyse- und Verarbeitungsfunktionen
-
logische Verknüpfung von Karteninhalten durch Verschneidungen
-
geographische und attributive Selektion von Objekten
-
Koordinatentransformation
-
Ausschnittmodifikationen
-
Funktionen durch Generieren von geometrischen Daten
-
Generalisierungsfunktionen
-
Isoliniengewinnung durch digitale Potentiale (z.B. Geländemodell)
Visualisierungsfunktionen
-
Darstellung von
-
Punkten als Text oder Symbole
-
Linien
-
Flächen
-
Digitalen Geländemodellen
-
Funktionen zur Definition der geographischen Ausgestaltung auf Layer- und
Objektebene
Mit dem Rasterzellenprozessor werden die komplexen Analyse- und Verarbeitungsschritte,
die in vielen planerischen Aufgabenstellungen zunehmend an Bedeutung gewinnen,
unterstützt. Folgende Funktionalitäten müssen dafür
zur Verfügung stehen:
Datengewinnungsfunktionen
-
Erzeugung der Rasterzellendaten aus Vektordaten. Rasterzellen vereinfachen
im Vergleich zu Vektoren viele Rechenoperationen, so daß komplexe
Analyse- und Verarbeitungsschritte vereinfacht werden.
-
Gewinnung neuer Rasterzellendaten durch Verknüpfung vorhandener Informationen
Analyse- und Verarbeitungsfunktionen
-
Selektionsfunktionen
-
Statistische Funktionen
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Lineare und nichtlineare Bewertungsfunktionen
-
Ein-, zwei- und dreidimensionale Aggregationsfunktionen
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Ausbreitungs- und Pufferfunktionen
-
Transferfunktionen
-
Einbindung von Analyse- und Modellpaketen
Beispiele:
-
Ausbreitung von Schadstoffen in der Luft
-
Abbildung von Wirkungsprozessen im Naturhaushalt
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Nachbarschaftsanalysen
-
komplexe Modelle zur Dateninterpretation
Sachdatenkomponente
In thematischen Karten werden Sachdaten (Meßdaten, Bewegungsdaten
usw.) aus relationalen Datenbanken raumbezogen (in Verbindung mit Vektordaten)
dargestellt. Da häufig nicht raumbezogene Daten zusammen mit raumbezogenen
Daten darzustellen sind, und zur detaillierteren Datendarstellung an bestimmten
Orten, muß in einem geographischen Informationssystem eine Business-Graphik-Komponente
enthalten sein. Folgende Funktionalität muß darüber hinaus
verfügbar sein:
Datengewinnungsfunktion
-
Selektion von Sachdaten aus der relationalen Datenbank
-
Gewinnung neuer Sachdaten durch Interpolation und Aggregation vorhandener
Informationen
Analyse- und Verarbeitungsfunktionen
-
Interpolation
-
Aggregationsfunktionen
-
Klassifizierungen
Visualisierungsfunktionen
Die Sachdaten werden mit Raumbezug folgendermaßen dargestellt:
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Punkte
-
eingefärbte Flächen
-
Rasterzellen, Isolinien/Isoflächen
-
Balken- und Säulendiagramme
und ohne Raumbezug als:
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XY-Diagramme
-
Balken und Säulendiagramme
-
Tortendiagramme